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An Wunder glauben

Es gibt Momente im Leben, die einmalig, nicht wiederholbar, atemraubend sind. Die vor einiger Zeit noch unmöglich schienen... Einen solchen Moment durfte ich am Sonntag, den 8.7.2018 erleben....

Berlin. Wenige Sekunden bis 11 Uhr. Kaum zu glauben, was hier geschieht. Ich stehe im Wasser des Müggelsees und zähle den Countdown zum Startschuss! 

Der Plan wurde kurzfristig geschmiedet, die Vorbereitungszeit war entsprechend knapp aber wir wussten: Mit Herzblut, mit dem Glauben an Dich selbst und als Team schaffen wir auch diese Challenge, nachdem uns die letzten zwei Jahre so manchen Brocken vor die Beine geworfen haben.

Vor knapp zwei Jahren haben Chemotherapien mich zeitweise in den Rollstuhl gebracht. Constance musste mich um die Klinik schieben, weil ich nicht in der Lage war, auch nur 50 Meter zu gehen. Heute habe ich vor, ebenfalls mit Constances support, meinen ersten Triathlon seit vier Jahren zu finishen! 

0,7 km schwimmen, 72 Kilometer auf dem Bike und 5,2 Kilometer laufen...

Die Zuschauer, Familien und Unterstützer zählen mit. "Zehn, neun, acht, sieben...!" Der Startschuss fällt. Die ersten Minuten beim Schwimmen im See gilt es, einen guten Rhythmus zu finden, sich zu orientieren, nicht zu schnell zu schwimmen und aufzupassen, dass man im Getümmel keinen Tritt oder Ellenbogen eines anderen Athleten abbekommt. 

Das Schwimmen war schon immer meine unbeliebteste der drei anstehenden Sportarten. Heute jedoch scheine ich meinen Frieden mit dem kalten Wasser, dem Getümmel und der nicht vorhandenen Sicht zu finden. Was ist anders? Irgendwie überwiegt heute, gerade beim Schwimmen und kurz nach dem Startschuss, unendliche Dankbarkeit. Dankbarkeit, dass ich hier sein darf. Dass ich in der Lage bin mich zu bewegen. Dass ich nicht nur überlebt habe, sondern es mit jeder Faser meines Körpers spüren kann, dass ich lebe!

So komme ich nach siebenhundert Metern wieder an Land, renne in die Wechselzone und rolle mich langsam mit meinem Bike ein. Über 72 Kilometer liegen vor mir. Wie g**l ist das denn? 72 Kilometer, nachdem ein Körper mittels brutalen Medikamenten auf die Null heruntergefahren wurde? Stolz und Dankbarkeit erfassen mich erneut. Ich kann Großteile der Strecke sogar genießen und fahre nach 2:29 Stunden erneut in die Wechselzone ein, um zum Laufen zu wechseln...

Ich laufe die 5,2 Kilometer so gut es eben geht. Nicht rund, nicht elegant, nicht mit viel Spaß, aber getrieben von der Sicherheit, das scheinbar Unmögliche gleich erreicht zu haben - die Finishline!

 

Ich finishe in einer coolen Zeit (3:30 h) - schließlich wollten Constance, Ginger (unser fünf Monate altes Hunde"baby") und ich noch was von Berlin haben 😉

DANKE an alle Daumendrücker, Zujubler, ein tolles Orgateam vor Ort, Inge und Botox daheim, Ginger am Streckenrand, alle Gratulanten und meinen tiefsten DANK an Constance, die mit ermöglicht hat, dass wir an der Startlinie standen... 

Vielleicht zeigt diese Geschichte, was Wincent Weiss so schön besingt:

 

EY, ES WÄR GANZ SCHÖN BLÖD, NICHT AN WUNDER ZU GLAUBEN!

 

Haut rein, achtet auf Euch und glaubt an Euch. Habt eine schöne Zeit... Ich gehe jetzt ins Schwimmtraining! ;-)

Steffen