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Sortiere Dich doch mal!

Verdammt! Wo ist der Tag wieder nur hin? Und die Woche? Geht es Dir auch so? Eigentlich immer wieder? Eigentlich schon viel zu lange?

 

Woran liegt das denn? Was stellt "es" mit uns an? Und vor allem: Was kann ich dagegen tun?

 

Eigentlich sind wir, im Vergleich zu "früher" technisch und organisatorisch so viel besser aufgestellt und ausgerüstet, dass es uns immer leichter fallen sollte, mit unseren 24 Stunden per Tag klarzukommen! To-Do-Listen, Outlook, mindmaps, Erinnerungsfunktionen über die Apfel-Uhr am Handgelenk! Toll!

 

Aber mit der Technisierung, mit dem Fortschritt prasselt auch immer mehr auf uns ein. Wir leben in einer unfassbar schnell galoppierenden Zeit. Es passiert in kürzester Zeit immer mehr (zumindest fühlt es sich so an) und will irgendwie bewältigt werden...

 

Wenn wir früher in aller Ruhe und mit viel Muse einen Brief geschrieben haben, mussten wir anschließend geduldig auf die Antwort warten. Heute werden wir nervös, wenn die von uns geschriebene EMail nicht binnen einer Stunde beantwortet wird (mal abgesehen von den Banausen, die überhaupt keine Mail je beantworten).

 

Dieses Jahr ist schneller als 2018. Heute ist schneller als gestern. Und 2020 wird noch schneller! 

 

Weil das niemand von uns verhindern kann, stellt sich doch die Frage, wie jeder individuell mit diesem zeitlichen Wahnsinn umgeht. Sich dem Stress ungebremst aussetzen? Mitmachen, aus Angst abgehängt zu werden? Noch mehr beschleunigen um allen anderen zu zeigen, dass man ganz vorne mitspielt? Oder sich einfach mal selbst sortieren und somit wieder zu mehr Ruhe und Stärke finden?

 

Letzteres ist meiner Meinung nach der einzige Ansatz solch rasante Zeiten unbeschadet zu überstehen. Nur wie? Wie kann ich mich sortieren, mehr Ruhe ins Spiel bringen und somit wieder Kraft schöpfen?

 

Sortierung beginnt damit, darauf zu achten, was mir von wem erzählt wird. Darauf zu achten, welche Informationen ich überhaupt an mich heranlasse. Das ist in Zeiten von Informationsüberfluss und Zugangsmöglichkeiten zu allen möglichen Quellen schwer - zugegeben. Aber gerade in diesen Zeiten ist es vielleicht überlebensnotwendig. Sämtliches Wissen steht uns an jedem Computer und sogar per Smartphone zu Verfügung. Klasse! Aber auch irgendwie gruselig, finde ich!

 

Bin ich ein schlechterer Mensch, ein desinteressierter oder gar dummer Mensch, wenn ich eben nicht versuche, alles zu wissen? Wenn ich nicht jeder Informationsquelle hinterher renne und nicht krampfhaft versuche bei jedem Thema mitreden zu können? Sicher nicht!  

 

Dann wäre der "bessere" Mensch derjenige, der mit mindestens zwei Handys durch die Gegend rennt, ständig erreichbar ist und dies selbstverständlich auch von allen anderen erwartet. Er ist nicht nur selbst gestresst, er stresst auch alle anderen. Er macht einen unzufriedenen Eindruck, überträgt seine krankhafte Unruhe auf Menschen in seiner Umgebung. Und anstatt sich einzugestehen, dass er unfähig ist, die Highspeed-Spirale zu verlassen, macht er allen anderen ein schlechtes Gewissen. Denjenigen, die nicht imstande oder gewillt sind, seine Geschwindigkeit mitzufahren und denjenigen, die "schuld" sind an seinem Stress. Die zu langsamen Kollegen, die fordernden Kinder, der Autofahrer direkt vor ihm im Stau...

 

Das Feststellen, dass die scheinbar vorgegebenen Geschwindigkeiten nicht mehr gehalten werden können, verursacht noch mehr Stress, macht hektisch und verleitet dazu, den drohenden "Untergang" mit viel Kaffee und Energy-Drinks aufzuhalten. Um Abends noch irgendwie zur Ruhe zu kommen, wird der Körper mittels Rotwein beruhigt. Weil für eine bewusste Ernährung einfach keine Zeit mehr ist, wird zwischen Tür und Angel überzuckerter Fastfood-Mist in sich reingestopft. Der Körper kommt nachts nicht mehr zur Ruhe und ist tagsüber immer weniger leistungsfähig. Das bedeutet noch mehr Stress im Kopf des modernen Hochleistungsmenschen. Die Abwärtsspirale beginnt sich zu drehen...

 

Wie kann ich dieser Spirale entkommen? Lediglich ein rigoroses Aussortieren von Zeitfressern und unwichtigen Informationen verhindert mittelfristig den Verlust der eigenen Ruhe, Stärke und Zufriedenheit! 

 

Du bist Mutter, hast einen Job, zwei beste Freundinnen und einen Hund. Mit dem gehst Du zweimal in der Woche joggen. Du spielst leidenschaftlich gerne auf Deiner Gitarre. Abends kochst Du gerne für Deine Familie und genießt den Rest des Tages mit Deinem Mann? Was um Gottes Willen willst Du denn noch in Deine 24 Stunden reinpressen? 

 

Lerne NEIN zu sagen. Sage Nein zu Themen, die dich einfach nicht interessieren. Zu Themen bei denen Du von vornherein irgendwie spürst, dass Du sie nicht mit voller Hingabe angehst und sie Dich am Ende nur Zeit und Kraft kosten werden. Nein zu sozialen Verpflichtungen, die Dir das letzte bisschen Kraft rauben. Nein zu exzessivem Fernsehen und stundenlangem Rumhängen in den sozialen Netzwerken. Welche "Informationen" können Dir Twitter und Co. liefern? Und: sind diese Infos es wert, dass Du sie mit Deiner Ruhe, Zufriedenheit und am Ende mit Deiner Gesundheit bezahlst?

 

Stelle Dir diese Frage. Immer wieder. Täglich. Jeden Abend, wenn Du nach ein paar Minuten feststellst, dass Du Dich mal wieder "im Netz verirrt" hast. Stelle Dir diese Frage aber auch, wenn Du innere Unruhe verspürst während Dein Kind Dir in aller Breite von der Schule berichtet, wenn Du merkst, dass Du wie ferngesteuert durch den Alltag rennst und dabei eigentlich immer unglücklicher wirst. Nein - der geplante Urlaub wird Dich nicht retten. Das "Entspannungswochenende" im Wellness-Hotel auch nicht. Und der zusätzlich in Deinen eh schon überfüllten Wochenplaner gepresste Meditationskurs ebenfalls nicht!

 

Nur das NEIN  rettet Dich. Nur harte Selektion. Die schlechte Nachricht dabei: Niemand anderer ist schuld an Deinem Zeitproblem. Die Umkehrseite und somit die gute Nachricht davon lautet: DU bist es, der Aussortieren und somit der Abwärtsspirale aus eigener Anstrengung entkommen kann. DU!

 

Ein schöner Nebeneffekt mit nicht zu unterschätzender Gesamtwirkung: Wenn es Dir gelingt, durch Aussortieren wieder zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken, überträgt sich das direkt und sofort auf Deine Mitmenschen. Du hörst Deinen Kindern wieder wirklich zu (und tust nicht nur so, während Du aufs Smartphone schielst!). Du bist ein angenehmerer Kollege und Freund. Du bist wieder der liebenswerte Partner, in den sich Deine bessere Hälfte mal verliebt hat.

 

Du bist mit Dir selbst wieder im Reinen - das alles sollte den Versuch doch wert sein! 

 

Fange an auszusortieren - noch heute!

 

Viel Erfolg dabei.

 

Steffen