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Lebe PUR!

Pures Leben

 

„Weniger ist mehr“. Wer kennt diese Redensart nicht. Und wer wüsste nicht, dass sie, wenn vielleicht nicht immer, aber doch oft, zutrifft.

 

Weniger reden kann mehr sein. Weniger Konsumrausch ist klug und mehr. Weniger online rumhängen ist definitiv mehr. Weniger Alkohol- und Nikotinkonsum ist am Ende der Rechnung sicherlich mehr...

 

Wir alle wissen es. Doch – halten wir uns daran? Oder ist der Spruch „Weniger ist mehr“ nur gut, solange er uns persönlich nicht einschränkt? Gilt „weniger ist mehr“ eher für den verschwenderischen Nachbarn und trifft auf mich gar nicht so richtig zu? Schon mal ernsthaft darüber nachgedacht?

 

Zwei aktuelle „Ereignisse“ bewegen mich, diesen Text zu schreiben...

 

Erstens habe ich aktuell zwei Bücher zum Thema „Minimalismus“ gelesen. Und zweitens (irgendwie passend zu „erstens“) bin ich in Tansania im Urlaub und komme problemlos mit dem Inhalt eines halben Reisekoffers aus...

 

Die Minimalismus-Bücher hatte ich ursprünglich als Reiselektüre gekauft, aber beide schon vor dem Abflug gelesen. Die Bewegung des Minimalismus versteht sich als Gegenbewegung zum in der westlichen Welt weit verbreiteten und akzeptierten Modells des teilweise ausufernden Materialismus. 

 

Die Minimalisten sehen die Dinge und die „richtige“ Rangehensweise teilweise sehr drastisch. Selbst wenn ich einem komplett minimalistischen Lebensstil nichts abgewinnen kann, kann man den Minimalisten jedoch eines nicht absprechen: In der Sache haben sie Recht und die Kernaussage „Weniger ist mehr“ wird hier beim Wort genommen und umgesetzt. 

 

Ich habe für mich den Begriff des Midimalismus entdeckt (ich muss mal recherchieren – bestimmt bin nicht ich der Erfinder dieses Begriffes und es gibt hierzu auch schon Definitionen und Bewegungen). Für mich bedeutet dies vor allem: Weniger und bewusster konsumieren. Nicht auf alles verzichten (dafür ist das Leben zu kurz) – aber darüber nachdenken, ob das Geld für die schöne „Must-Have-Jacke“ nicht mit einem viel größeren Mehrwert in ein tolles Abendessen mit der Freundin investiert ist.

 

Wie schon im vergangenen Jahr fällt mir im Moment im Urlaub immer wieder auf, dass ich von den Tausenden Dingen, die in meinem Haushalt daheim auf mich warten, NICHTS vermisse! Nichts.

 

Ich komme mit minimalem Materialaufgebot klar. Kleidung die schmutzig ist, wird gewaschen. Ich vermisse nicht den Flat-TV, nicht die Soundanlage, nicht meinen überfüllten Kleiderschrank, die vielen verschiedenen Seifen und Düfte aus dem Badezimmer, die Weinauswahl im Keller oder eines meiner geschätzt 15 Paar Sportschuhe...

 

Ich bin hier happy mit einem Laptop und einem Telefon (das ist mir wichtig, um solche Artikel zu schreiben und den Kontakt nach Hause zu halten – wer hierauf keinen Wert legt, sollte vielleicht sogar zumindest den Rechner zuhause lassen), meiner Reisegitarre (ganz wichtig – es gibt für mich nichts Entspannenderes als irgendwo auf der Welt in einer Wiese, auf einem Boot oder im Sand zu sitzen und auf der Gitarre zu spielen), einem Paar Laufschuhe, einer Badehose und Schwimmbrille, wenigen Hygieneartikeln und viel Lesematerial. 

 

Heute morgen ist mir in diesem Zusammenhang der Begriff des „Puren Lebens“ in den Sinn gekommen. Ich mag diese kraftvolle Wortkombination! „Pures Leben“ – WOW! Meine Freundin joggte am Strand entlang. Ich hatte hierzu eigentlich keine Lust und ging barfuß mit einer Short und einem T-Shirt bekleidet langsam hinterher... Die aufgehende Sonne, die Brandung und der durch die Ebbe breite Strand motivierten mich schließlich, doch loszutraben. Es wurde am Ende ein toller Lauf über ca. sieben Kilometer. Ohne Funktionssportkleidung, ohne GPS-Uhr, ohne Laufschuhe... Dafür mit Sand an den Füssen, einer Brandblase am großen Zehen, Schweiß auf der Stirn, schnellen Sprints durch flach auslaufende Wellen und einem anschließenden Bad im Meer! Hört sich das nicht irre gut an? Hört sich das für Dich an, wie wenn hier irgendwas gefehlt hat? Für mich war es einer der emotionalsten und schönsten Läufe seit langem. Und ich dachte mir: DAS ist Laufen PUR. So einfach, ohne technischen Schnick-Schnack, in der Short und barfuß. So pur. Pures Leben...

 

In den kommenden Wochen werde ich versuchen, meinen persönlichen Weg des Midimalismus einzuschlagen und sicherlich darüber auch immer mal wieder etwas schreiben.

 

Fazit: Ist das Streben nach immer noch mehr, nach dem größeren Auto, dem tolleren Haus und den rauschenderen Champagnerparties, den schöneren Frauen und dickeren Armbanduhren nicht oft die Hauptursache für Abhängigkeiten, krankhaftes Besitzdenken, permanente Überanstrengung, Geiz, Unmoral, Verlustängste, Neid, Verschuldung, zerrüttete Familien und  Krankheiten?

 

Doch! Ist es. Und wir alle wissen es. Und trotzdem machst Du Dich täglich dafür krumm? Ist das Dein Ernst?

 

Gestalte Dein Leben doch so, dass es voller Geschichten ist – nicht voller Material. Menschen mit vielen Geschichten besitzen so viel mehr, sind dankbarer und haben in der Regel weniger zu bereuen...

 

Steffen