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Ironman Trainingstagebuch Wochen 14 und 15/36

Die Tage werden länger - die Zeit bis zum X-Day immer kürzer...

 

Ich sitze hier auf der Terrasse, bei schönem Frühsommerwetter, war heute morgen schon Rennen und vorhin zwei Stunden Radfahren. Die Konzentration auf mein Jahreshighlight, eine Triathlon-Langdistanz Anfang September fällt nicht immer leicht. Zuviel passiert im Moment. Zu viel geistige Energie fordert der Virus, der die ganze Welt in Atem hält. Insofern ist es wichtig, sich immer wieder bewusst zu werden, dass es dringendere Dinge gibt, als die Vorbereitung auf einen Wettkampf als Amateur.

 

Andererseits zeichnet es aktive und positiv denkende Menschen aus, sich in einer Krise (welcher Art auch immer) nicht vollkommen einnehmen zu lassen. Handlungsfähig zu bleiben. Das "normale" Leben, welches sich ja auch wieder irgendwann einstellt, nicht aus den Augen zu verlieren...

 

Insofern sehe man mir es nach, dass ich inmitten der Corona-Krise Sport mache, mich um meine Kinder und die Schule sorge, schaue dass es mir und meinen Lieben gut geht, mich an gutem Essen freue und in die Zukunft blicke... Corona wird nicht schneller besiegt, wenn wir versuchen, alles andere komplett herunterzufahren.

 

Im Gegenteil: Wer ist denn "schuld", dass Du seit Anbeginn der Krise drei Kilo zugenommen hast? Das Virus? Der Sportstudiobetreiber, der im Moment geschlossen hat? Und ist es so, dass Du inmitten der Krise "einfach keinen Nerv" für so nebensächliche Dinge wie Sport hast? Oder mißbrauchst Du die Pandemie, um Deine Trägheit zu rechtfertigen? Eben...

 

Geht also raus. Bewegt Euch. Das geht auch ohne Gym und Schwimmbad! Das Wetter ist schön. Flottes Gehen, Fußballspielen mit den Kindern, Blackroll-Training oder Liegestütze auf dem Balkon, Fahrrad fahren....

 

Das Bild habe ich heute während meiner Bikeausfahrt gemacht. Ich "musste" anhalten, was ich selten mache während einer Einheit. Ehrlich gesagt nur im "Notfall" 😉 oder beim Bäcker, wenn die Energie 🚴🏼‍♂️ ausgeht... Für ein Foto stoppen, kommt eigentlich nicht in die Tüte. Das Rapsfeld und der irre blau Himmel jedoch zwangen mich fast, für ein paar Schnappschüsse anzuhalten. Wie schön!

 

Dabei zeigt mir die Schönheit der Kulisse, dass es manchmal wichtig ist, den Plan kurz zu ändern, in eine andere Richtung abzubiegen, sich Zeit für ein Foto zu nehmen oder einfach in die Sonne zu blinzeln - und so die Hatz durch den Tag kurz zu unterbrechen. Passend zum "Tag der Erde" (siehe mein vorheriger Artikel und Post) entstand so dieses Bild...

 

Das Training geht voran. Ich habe oft müde Beine und manchmal auch keinen Bock auf die nächste Einheit. Die Motivation leidet auch ein wenig unter der Tatsache, dass bereits zwei von drei Wettkämpfen abgesagt sind. Ich jammere nicht deswegen. Mir ist bewusst, dass hinter jeder Absage von jeder Veranstaltung ganz andere Probleme stecken... Viele Dinge werden in diesen Tagen bewusster: Dass es wichtigeres gibt, als ein Event auf das man sich gefreut hat. Dass es nichts wichtigeres gibt, als gesund zu bleiben... So einfach ist das.

 

Und genau hier liegt eine der Chancen in der Krise. Wir können uns bewusster machen, auf was es wirklich ankommt im Leben. Wir können uns bewusster machen, wie gut es uns geht. Wie fürsorglich die Menschen in unserer Nähe sind. Wie schön die Sonne scheint und welch ein Geschenk es ist, sich bewegen zu können. Wie wenig dankbar wir manchmal sind. Wie unser Leben vorbeifliegt, weil wir nicht innehalten können...

 

Insofern habe ich meinen Weg gefunden. Ich trainiere für den in 136 Tagen geplanten "Austria Triathlon". Es stehen noch viele Einheiten an. Wir haben die Basis gelegt, sind aber noch weit davon entfernt 3,8 Kilometer zu schwimmen, 180 Kilometer Rad zu fahren und anschließend einen Marathon zu laufen  - am Stück wohlgemerkt 😉.

 

Sollte auch dieser Wettkampf gecancelt werden, ist es eben so. Auch dann werden wir nach vorne schauen und einfach etwas anderes planen. Ob ich mich dann nicht ärgere, so viel und teilweise hart und entbehrungsreich trainiert zu haben? So ganz umsonst?

 

NEIN! Keine Einheit war oder ist je umsonst - jedes Training tut gut, zeigt Dir dass Dein Körper "funktioniert",

lässt Dich spüren dass Du lebst...

 

Geht raus und bewegt Euch. Seid dankbar, dass Ihr das könnt. Haltet inne, schaut in die Sonne und bleibt gesund!

 

Steffen

23. April 2020